Das Chikungunya-Virus breitet sich weltweit besorgniserregend aus und wurde bereits in 119 Ländern nachgewiesen, wodurch etwa 5,6 Milliarden Menschen gefährdet sind. Derzeit verzeichnet die chinesische Millionenstadt Foshan in der Provinz Guangdong 2659 Fälle, während die Weltgesundheitsorganisation vor einer möglichen Ausbreitung in anderen Teilen der Welt warnt.
Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 12 Tagen zeigen sich die typischen Chikungunya-Virus Symptome: plötzliche starke Gelenkschmerzen an Händen und Füßen, begleitet von hohem Fieber und Hautausschlag. Besonders in tropischen und subtropischen Regionen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas ist die Erkrankung verbreitet. Die letzte große Epidemie in den Jahren 2004 und 2005 betraf rund eine halbe Million Menschen in Inselstaaten des Indischen Ozeans.
Was ist das Chikungunya-Virus?
„»Da diese Übertragungsmuster bereits beim Ausbruch ab 2004 zu beobachten waren, fordert die WHO dringend Maßnahmen, um eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern«“ — Diana Rojas Alvarez, WHO-Sprecherin (World Health Organization spokesperson)
Der Name „Chikungunya“ stammt aus der Sprache der Makonde im Südosten Tansanias und bedeutet „der gekrümmt Gehende“ – ein treffender Hinweis auf die schmerzhaften Gelenkbeschwerden, die das Virus verursacht. Ursprünglich wurde das Virus 1953 in Tansania und Uganda entdeckt.
Wissenschaftlich betrachtet handelt es sich beim Chikungunya-Virus um ein behülltes Einzel(+)-Strang-RNA-Virus, das zur Gattung der Alphaviren aus der Familie der Togaviridae gehört. Das Virus zählt zur Gruppe der Arboviren, wird also durch Gliederfüßer übertragen.
Die Hauptüberträger sind tagaktive Stechmücken der Gattung Aedes. Die bei uns häufig auftretende Kriebelmücke ist bislang (noch) nicht als (Haupt-)Überträger identifiziert worden. Besonders zwei Arten spielen bei der Übertragung eine entscheidende Rolle:
- Die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti)
- Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus)
Diese Mücken suchen ihre Brutplätze in kleinen Wasseransammlungen – in Blumentöpfen, Vogeltränken, offenen Dosen, alten Autoreifen oder auf großen Blättern. Gärten, Parks, Baustellen und Müllhalden bieten ideale Bedingungen.
Durch eine Punktmutation in einer Aminosäure ist 2004 ein neuer Stamm entstanden (CHIKV 06.21), der eine fast doppelt so hohe Viruslast in der Tigermücke zur Folge hat wie nicht mutierte Stämme. Dieser neue Stamm erhöht das Epidemierisiko in Gebieten, die zuvor durch die Abwesenheit der Gelbfiebermücke relativ geschützt waren.
Das Virus wird heute in fünf genetisch unterschiedliche Varianten eingeteilt: eine westafrikanische, eine zentralafrikanische, eine ost- und südafrikanische, eine des Indischen Ozeans sowie eine asiatische. Seit 2013 kommt es zudem zu Ausbrüchen in Süd- und Nordamerika.
In Europa wurde die Tigermücke zunächst 1979 in Albanien registriert. Mittlerweile kommt sie auch in Italien, Südfrankreich, Griechenland, Spanien, Portugal sowie in der Schweiz, Holland und Belgien vor. In Deutschland finden sich etablierte Kolonien vor allem im südlichen Rheintal, allerdings wurden auch in Berlin bereits Hinweise auf eine erfolgreiche Überwinterung von Aedes albopictus gefunden.Durch den internationalen Reiseverkehr und die Ausbreitung der Tigermücke steigt das Risiko auch für Europa. Bereits 2007 kam es in Norditalien zu einem Ausbruch mit 247 gemeldeten Fällen.
Chikungunya-Virus Symptome erkennen
Nach dem Stich einer infizierten Mücke beginnt die Inkubationszeit des Chikungunya-Virus, die durchschnittlich 3 bis 7 Tage dauert, mit einer Spanne von 1 bis 12 Tagen. Danach treten die charakteristischen Symptome plötzlich und häufig mit voller Wucht auf.
Das Leitsymptom der Erkrankung sind starke Gelenkschmerzen mit hoher Berührungsempfindlichkeit, die typischerweise symmetrisch in beiden Körperhälften auftreten. Besonders betroffen sind periphere Gelenke wie Handgelenke, Knöchel und Fingerglieder sowie größere Gelenke an Schultern, Ellenbogen und Knien. Diese Schmerzen können derart intensiv sein, dass Betroffene kaum noch eine aufrechte Körperhaltung einnehmen können.
Weitere häufige Symptome umfassen:
- Hohes Fieber (39°C und darüber), das meist nur 3-5 Tage anhält
- Muskelschmerzen (70-99% der Fälle)
- Kopfschmerzen und Erschöpfung
- Hautausschlag (bei etwa 50% der Fälle)
- Lymphknotenschwellungen
- Bindehautentzündungen
Im Unterschied zu ähnlichen Viruserkrankungen verläuft Chikungunya nur selten asymptomatisch – bis zu 95% der Infizierten entwickeln Symptome. Dennoch ist die Unterscheidung zum Dengue-Fieber klinisch schwierig, da beide Erkrankungen ähnliche Symptome verursachen.
Die akute Krankheitsphase klingt normalerweise nach 1-2 Wochen von selbst ab. Allerdings entwickeln zwischen 30% und 80% der Betroffenen eine chronische Phase, die durch Beschwerden gekennzeichnet ist, die länger als drei Monate anhalten. Besonders die Gelenkschmerzen können über Wochen, Monate oder in seltenen Fällen sogar Jahre bestehen bleiben.
Chronische Arthralgien wurden bei etwa einem Viertel der Patienten noch nach einem Jahr beobachtet. Diese langanhaltenden Gelenkbeschwerden ähneln teilweise denen einer rheumatoiden Arthritis. Darüber hinaus können Müdigkeit und Parästhesien als Langzeitfolgen auftreten.Obwohl schwere Verläufe selten sind, treten sie vermehrt bei Neugeborenen, älteren Menschen und Personen mit chronischen Erkrankungen auf. Die Sterblichkeitsrate liegt unter einem Prozent.
Schutzmaßnahmen für Alltag und Reisen
„»Als erstes sind hier Repellentien zu nennen«, so Schmidt Chanasit. »Am effektivsten sind chemische Repellentien, allen voran #Diethyltoluamid, besser bekannt als DEET.«“ — Prof. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
Wirksamer Schutz gegen das Chikungunya-Virus basiert auf zwei Hauptsäulen: Impfung und konsequenter Mückenschutz. Seit 2025 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) erstmals eine Reiseimpfung gegen Chikungunya für bestimmte Personengruppen.
Die Impfempfehlung gilt für Personen ab 12 Jahren, die in Gebiete mit aktuellem Chikungunya-Ausbruch reisen. Außerdem wird die Impfung Menschen empfohlen, die einen längeren Aufenthalt (mehr als 4 Wochen) oder wiederholte Kurzreisen in Endemiegebiete planen, sofern sie ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe haben. Dies betrifft besonders Personen ab 60 Jahren oder Menschen mit schweren Grunderkrankungen von Nieren, Herz oder Lungen.
Derzeit stehen zwei verschiedene Impfstoffe zur Verfügung:
- Ixchiq: Ein Lebendimpfstoff, der nur bei Personen zwischen 12 und 59 Jahren eingesetzt werden sollte
- Vimkunya: Ein Totimpfstoff, der für alle ab 12 Jahren geeignet ist
Für beide Impfstoffe reicht eine einzige Dosis aus, um eine Grundimmunität zu erreichen. Allerdings sollte die Impfung idealerweise mindestens zwei Wochen vor Reisebeginn erfolgen, damit der Schutz vollständig aufgebaut werden kann.
Unabhängig von einer Impfung bleibt der Mückenschutz unverzichtbar. Das Centrum für Reisemedizin empfiehlt folgende Maßnahmen:
- Tragen heller, langärmeliger Kleidung, idealerweise imprägniert
- Verwendung von Mückenschutzmitteln mit mindestens 30 Prozent DEET (Diethyltoluamid) oder Icaridin als Wirkstoff
- Anbringen von Schutzgittern an Fenstern und Türen
- Nutzung von Moskitonetzen über dem Bett
- Beseitigung möglicher Brutstätten wie Regenfässer, Vogeltränken oder andere Wasseransammlungen
Da die Asiatische Tigermücke sich zunehmend in Deutschland ausbreitet und am Tag aktiv ist, sind diese Schutzmaßnahmen mittlerweile nicht nur in Reiseländern relevant. Vor Reisen in Risikogebiete empfiehlt sich eine reisemedizinische Beratung. Bei ungewöhnlichen Reaktionen nach einem Mückenstich sollte umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Fazit
Das Chikungunya-Virus stellt zweifellos eine wachsende globale Gesundheitsbedrohung dar. Die fortschreitende Ausbreitung der Tigermücke in Europa, einschließlich Deutschland, macht die Erkrankung auch hierzulande zu einem relevanten Thema. Besonders besorgniserregend erscheint dabei die Tatsache, dass nahezu 95% der Infizierten Symptome entwickeln und bis zu 80% unter langanhaltenden Beschwerden leiden können.
Daher sollten Reisende in Risikogebiete unbedingt die empfohlenen Schutzmaßnahmen befolgen. Mückenschutz durch geeignete Kleidung, Repellentien und das Vermeiden von Brutstätten bildet die erste Verteidigungslinie. Zusätzlich bietet die seit 2025 verfügbare Impfung einen wichtigen Schutz für gefährdete Personengruppen.
Gleichzeitig gilt es, die typischen Symptome des Virus zu kennen. Die Kombination aus plötzlich auftretenden starken Gelenkschmerzen und hohem Fieber sollte nach Reisen in betroffene Regionen ärztlich abgeklärt werden. Obwohl die akute Phase meist selbstlimitierend verläuft, können die chronischen Beschwerden erhebliche Einschränkungen der Lebensqualität bedeuten.
Angesichts der klimatischen Veränderungen und der wachsenden Verbreitung der Überträgermücken dürfte das Thema Chikungunya in den kommenden Jahren noch an Bedeutung gewinnen. Tatsächlich zeigt die Entwicklung, dass tropische Infektionskrankheiten längst nicht mehr auf ferne Urlaubsregionen beschränkt sind. Frühzeitige Information und konsequenter Schutz bleiben deshalb die wirksamsten Strategien, um dieser Herausforderung zu begegnen.